Großeinsatz der Feuerwehren des Landkreises und der Stadt Memmingen
an der großen Arnspitze bei Mittenwald

Am 13. September 1947 wurde der Kreis Memmingen zur Unterstützung der örtlichen Feuerwehren nach Mittenwald aufgerufen bzw. alarmiert.

Dort war Ende August 1947 infolge großer Trockenheit und langer hochsommerlicher Temperaturen, ein Waldbrand in den Bergen ausgebrochen. Betroffen war das Arnspitz­gebiet im Riedbogen südlich von Mittenwald, unmittelbar an der deutsch-österreichischen Grenze. An der Ostseite des Berges war in einer Ausdehnung von etwa 150 ha der Wald vom Latschenfeld unterhalb des Gipfels bis etwa zum untersten Viertel in Brand geraten.

Der Brand hatte sich schon bald zu einem die ganze Umgebung bedrohenden Groß­flächenbrand entwickelt. Die örtlichen Feuerwehren bekämpften den Brand mit ihren bescheidenen Mitteln.

Lager beim Einsatz bei den Arnspitze
Einsatz- und Schlaflager an der Isar - Memminger, Kempter und Landshuter Abschnitt

Da der Brand durch den einsetzenden Föhn immer weiter um sich griff und sogar die Stadt Mittenwald bedroht war, wurde schließlich ein Riesenaufgebot an Feuerwehren der näheren und weiteren Umgebung aus insgesamt 22 Stadt- und Landkreisen alarmiert und zur Landesgrenze in Bewegung gesetzt.

Am 15. September 1947 rückten insgesamt 36 Mann aus dem Landkreis Memmingen (Ottobeuren, Legau, Lautrach, Heimertingen, Trunkelsberg, Buxheim und Erkheim) und 17 Mann der Feuerwehr der Stadt Memmingen mit einem LF 15 und weiteren Fahrzeugen und Geräten nach Mittenwald ab.

Dort eingetroffen bildete die Memminger Feuerwehr mit den Feuerwehren aus Landshut, Augsburg, Kempten, Ingolstadt und Nürnberg einen eigenen Einsatzabschnitt.

In der danach folgenden Lagebesprechung wurde festgelegt, die Kräfte zur Abschirmung gegen Mittenwald einzuschieben, da durch den jederzeit zu erwartendem Föhn und die damit verbundenen aufkommenden Winde der Waldbrand eine unmittelbare Gefahr für den Ort bedeutet hätte.

Der Allgemeine-Einsatz-Auftrag lautete: Eindämmung des Brandes von Norden her, Wasserversorgung der zwei 12.000 Liter Behälter der Amerikaner in etwa halber Höhe und auf ca. 1800 m Höhe. Hier wurde das Wasser zur Brandbekämpfung entnommen oder weiter gepumpt.

Aufgabe der Memminger Einsatzkräfte war einmal die Wasserförderung auf den Berg, sowie die Brandbekämpfung vor Ort. Neben dem LF 15 aus Memmingen waren noch 3 Tragkraftspritzen in der Wasserförderstrecke im Einsatz. Besonders erschwerend war, dass das Löschwasser aus der 800 m tiefer liegenden Isar gefördert werden musste. Die oberste Tragkraftspritze arbeitete in 1800 m Höhe.

Schematische Darstellung der Wasserversorgung
Quelle: Freiwillge Feuerwehr Ingolstadt
Dodge hoch zur Arnspitze
Zufahrtsweg auf die Arnspitze
Unser Dodge
Dodge mit einer TS 8 auf dem Weg nach oben
Memminger "Jugendfeuerwehr" 1947 beim Entladen einer TS 8

Neben den eigenen Geräten bedienten die Memminger Feuerwehrkameraden auch noch Tragkraftspritzen, die von den Amerikanern gestellt wurden. Diese waren in der unmittelbaren Brandbekämpfung am Berg eingesetzt. Die Tragkraftspritzen, das Schlauchmaterial, die Armaturen und der Treibstoff wurden so weit es möglich war mit dem Dodge hinauf gefahren. Danach teils durch eine Trägergruppe, in der Hauptsache durch eigene Leute, von Manneskraft unter größten Anstrengungen und Strapazen mühe­voll nach oben verbracht.

Die Schlauchlagen wurden verlegt und schließlich im Laufe des ersten Tages mit mehreren C-Rohren gegen das Feuer vorgegangen.

Am nächsten Tag wurde die Brandbekämpfung weiter vorgetragen, aber in der darauffolgenden Nacht vom 16. auf den 17.9.1947 trieb ein starker Wind das Feuer gegen die vorgeschobenen Stellungen, sodass die Löschkräfte gezwungen waren, die Nacht durchzuarbeiten um sich am nächsten Morgen in größter Eile zurückzuziehen. Danach wurde der Bergwaldbrand aus Sicherheitsgründen nachts nicht mehr bekämpft.
Eine außerordentliche Erschwerung der Arbeiten verursachte der durch den Brand hervorgerufene Steinschlag.

Am 18.09.47 wurden Feuerwehrleute aus dem Landkreis mit 28 Mann abgelöst, am 23.09. weitere 8 Mann, während Memmingen Stadt bis zum 24.09. nur 3 Mann ablöste.
Die Leitung übernahm bis zum 18.09. Kdt. Georg Allgöwer, vom 18.09. bis 24.09. leitete Bezirksbrandinspektor Niggl den Brandabschnitt und ab 24.09. übernahm wieder
Kdt. Georg Allgöwer.
Nach 11 Tagen Einsatz an der Arnspitze wurde abgebaut und nach Hause gefahren.

Es waren insgesamt von der Memminger Wehr 14 Jugendliche und 3 ältere Wehrmänner 11 Tage im Einsatz.

Die Memminger Feuerwehr leistete in dieser Zeit über 1700 Einsatzstunden.

TS 8 mit Manneskraft nach oben
Mühevoller Transport einer TS 8
TS 8 mit Manneskraft nach oben
auf 1800 Meter

Besonders berücksichtigt werden sollte auch, dass dieser Einsatz erst rund zwei Jahre nach dem demoralisierenden Zusammenbruch des Jahres 1945 und damit auch des Feuerlöschwesens, unter den Erschwernissen der Kalorienberechnung der täglichen, rationierten Lebensmittelmenge durchzustehen war. Die Wehrmänner konnten sich, bei schwerster körperlicher Arbeit, noch nicht einmal richtig satt essen! Die Tagesration Wurst betrug je Feuerwehrmann zunächst nur ganze 100 Gramm und konnte erst nach hartnäckigen Verhandlungen auf die doppelte Menge erhöht werden.

Dankesschreiben an den Memminger OBSo mancher Wehrmann verbrannte sich bei diesem Einsatz seine letzten Stiefel

So steht im Tätigkeitsbericht der freiwilligen Feuerwehr Memmingen im Dezember 1947:
Der Einsatz Mittenwald wurde von der Jugend der Feuerwehr gestemmt. Die jugendlichen Feuerwehrleute haben sich im Einsatz sehr gut bewährt. Der Verschleiß an Kleidern und Schuhen war allerdings so groß, dass sofort am Platze für neues Schuhzeug gesorgt werden musste. Das allerdings kam sehr teuer. Ein Paar Schuhe kostete 62 RM. Von der Versicherung bekamen die Leute 40 RM ersetzt. Ebenso wurde die Kleidung sehr stark in Mitleidenschaft gezogen und musste ebenfalls teilweise vor Ort ersetzt werden.
Als die Memminger das Unterkunftszelt wieder bei den Amerikanern abgeben wollten, wurde Kdt. Allgöwer von einem Hauptmann der amerikanischen Arme gefragt, ob die Jugend an dem Zelt Interesse hätte. Dies wurde bejaht und so konnte das Zelt mit nach Memmingen genommen werden.

Bei einer nachfolgenden Feierstunde wurde den am Einsatz beteiligen Wehrmänner das Feuerwehr-Zivilabzeichen in Silber überreicht.

Berg in Flammen

Am 25. August 1947 brach an der großen Arnspitze im Einzugsgebiet Hasellahn im bayerisch österreichischen Grenzgebiet wahrscheinlich durch die Unvorsichtigkeit von Bärensuchern, ein Bodenfeuer aus und lief in die umliegenden Latschenfelder weiter. Bis Anfang September konnte das Forstamt mit seinen Arbeitskräften eine größere Ausdehnung verhindern. Als aber in den ersten September Tagen der Föhn einsetzte, gewann das Feuer rasch an Boden und Griff auf den Alpenwald über und breitete sich schnell auf eine Fläche von über 40 Hektar aus.

Besonders gefährlich wurde die Lage am zweiten Föhntag als ein Flugfeuer nahezu 400 Meter übersprang und im Rücken der Bekämpfungsmannschaften im Alpenwald einen neuen Brand entfachte.

Der ganze Berg schien in Flammen zu stehen. Rauchschwaden erfüllten das Isartal und verfinsterten die Sonne. Auf Mittenwald regnete die Asche nieder und ängstliche Gemüter sahen schon den Ort unmittelbar bedroht. Die Freiwilligen Feuerwehren des Landkreises waren bereits eingesetzt. Mit Axt, Pickel und Schaufeln zogen sie Gräben, schlugen Schneisen und setzten Steinmauern, um das Feuer abzuriegeln. Dies geschah zusammen mit Waldarbeitern und Freiwilligen Helfern aus Mittenwalder Betrieben. Mit diesen Kräften, war der Brand der sich mittlerweile auf über 70 Hektar erstreckte, nicht aufzuhalten. Darum wurde der Entschluss gefasst dem Feuer mit Wasser zu Leibe zu Rücken.

Die Arnspitze 2195 Meter
Die Arnspitze – 2195 Meter

Am 6. September begann die Feuerwehr des Kreises, unterstützt von der Besatzungsmacht, eine Leitung von der Leutasch auf österreichischen Boden zur Riedscharte zu verlegen, um von dort gegen den Nordteil des Brandes vorzugehen und somit ein Übergreifen auf österreichisches Gebiet zu verhindern. In den folgenden Tagen wurden sie durch die amerikanische Feuerwehrschule Murnau und andere, teilweise aus ganz Bayern herbeigezogenen Feuerwehren unterstützt. Von der Isar durchs Tieftal zur Scharte und in der Hasellahn wurden weitere Schlauchleitungen bergaufwärts gebaut. Das Wasser musste über Höhenunterschiede von bis zu 700 Meter gepumpt werden. Dies gelang durch das Zwischenschalten von tragbaren Motorspritzen, die in Stufen von je 50 Höhenmetern standen. In kurzer Zeit waren nahezu 30 Kilometer Schlauchleitungen gelegt und 124 Motorpumpen aufgestellt. Das Wasser floss in einen amerikanischen Segeltuchbottich, von wo es dann, zu den Strahlrohren weiter gefördert wurde.

Die bei dem herrschenden Südwind meist gefährdete Linie, war das Tieftal. Hier galt es, ein überspringen auf die Wirtschaftswaldungen des Wurzberges und damit ein Weiterschreiten des Feuers gegen Mittenwald zu verhindern. An dieser sehr bedrohlichen Front am mittleren Riedsteig hatte die Kemptner Feuerwehr vom obersten Tieftalbottich ihre Leitungen vorgebaut und stemmte sich dem mit Gewalt vordrängenden Feuer entgegen. Bedroht durch unablässig niedergehenden Steinschlag, in Rauch und Hitze, harrten die Feuerwehrmänner aus. Mit versenkten Kleidern und Schuhen standen sie und ließen das Wasser aus den Strahlrohren über den ausgedörrten Boden rauschen, dass er keine Beute des Feuers mehr werden konnte. So löschten sie die Flammen, die gegen das Tieftal züngelten. In zehntägiger Arbeit wurde die Wucht des Feuers gebrochen. Welche Anstrengungen vollbracht, welche Gefahren überstanden waren, wenn die abendliche Meldung „Das Feuer 50 Meter zurückgedrängt“ gegeben werden konnte, weiß nur, wer selbst dabei gewesen ist. Aber mit Lachen, Schmerzen gegenseitiger Aufmunterung und in Kameradschaft haben die Feuerwehrmänner alle Mühen getragen und ihre Pflicht erfüllt. Der mittlere Riedsteig, wo die Kempter Feuerwehrleute 10 Tage und eine Nacht im Kampf mit dem Feuer gestanden haben wird nun Kempter Weg genannt. Er sorgt dafür, dass die Leistung und Einsatzfreude der Kempter Feuerwehr nicht zu rasch vergessen wird.

Quelle: Abschrift eines Artikels der Kempter Zeitung vom September 1947