Handdruckspritze aus dem Jahre 1011

Feuerlöschspritze aus dem Jahre 1911

Im Januar 2020 wurde unserem Verein eine alte Handdruckspritze aus dem Jahre 1911 übergeben (wir berichteten). Dieses einst pferdebespannte Gefährt war Jahrzehnte im Stadtrandgebiet von Memmingen im Einsatz und hat Hab und Gut vor der Feuersbrunst bewahrt.

Weitere Jahrzehnte stand sie nun in diversen Scheunen und verfiel Stück für Stück. Mit der Übernahme dieses historischen Feuerlöschgerätes haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, dieses wertvolle Kulturgut vor dem endgültigen Verfall zu retten.

Leider hat der Zahn der Zeit doch erhebliche Schäden an Holz, Pumpe, Lackierung und Metall angerichtet, sodass neben hunderten von freiwilligen Arbeitsstunden auch erhebliche Kosten für Fremdleistungen erforderlich sein werden. Holzteile müssen neu erstellt, Metall- und Pumpenteile nachgefertigt werden und die Kosten für die Restaurierung der Lackierung sind bei weitem noch nicht abschätzbar.

Somit wird die Restaurierung der Feuerlöschspritze wohl in die Tausende gehen. Wir können mit den Arbeiten erst beginnen, wenn uns die finanziellen Mittel zur Verfügung stehen, da unsere Vereinskasse aufgrund der Restaurierung von unserem LF16 „Goliath“ stark geschwächt ist.

Die Saug- und Druckspritze wurde hergestellt von der Nürnberger Feuerlöschgeräte- und Maschinenfabrik vorm. Justus Christian Braun AG.

Die Gießerei Justus Christian Braun wurde 1845 in Nürnberg gegründet und spezialisierte sich ab etwa 1860 auf Feuerlöschgeräte. Aus ihr gingen die Nürnberger Feuerlöschgeräte- und Maschinenfabrik vorm. Justus Christian Braun AG (1890–1911) bzw. die Justus Christian Braun-Premier-Werke AG (1911–1919) hervor, die auch im Fahrzeugbau tätig waren. Damit ist Braun einer der Ursprünge der FAUN-Werke, aus denen wiederum die heutigen Unternehmen Tadano FAUN GmbH in Lauf an der Pegnitz und FAUN Umwelttechnik GmbH & Co. KG in Osterholz-Scharmbeck hervorgingen.

Quelle: wikipedia.de

Geschichte der Saug- und Druckspritze aus dem Jahre 1911

Vorwort:
Um etwas über die Geschichte der Handdruckspritze in Erfahrung zu bringen, haben wir uns mit dem Kommandanten der FF Volkratshofen in Verbindung gesetzt. Er hat uns Ausschnitte aus der Chronik der freiwilligen Feuerwehr Ferthofen, die unmittelbar mit der Gründung der Feuerwehr, aber auch der Handdruckspritze zu tun hat, zur Verfügung gestellt. Dafür herzlichen Dank.

Am 10. Januar 1893 erhielt der Bürgermeister der Gemeinde Ferthofen ein Schreiben des Bezirks- Feuerwehrvertreters Alois Hiemer.
In diesem Schreiben ersucht er die Gemeinde, eine freiwillige Feuerwehr zu gründen.

Er schreibt Folgendes:
„Wie bekannt, besteht das königliche Bezirksamt Memmingen aus 55 Gemeinden. In 53 dieser Gemeinden des Bezirks bestehen derzeit freiwillige Feuerwehren, sodass nur noch 2 Gemeinden ohne freiwillige Feuerwehr sind. Was nun in all den anderen Gemeinden bereits Sache ist, sollte auch in Ferthofen möglich sein. Es ist daher der Wunsch der Bezirks- und Feuerwehrvertretung auch hier eine solche zu bilden. Dieselbe würde gewiss im eigenen Interesse handeln. Den meisten dürfte nicht bekannt sein, dass in unserem Bayernland große Summen zur Unterstützung freiwilliger Feuerwehren und überhaupt für das Feuerlöschwesen aufgebracht werden. Von diesen Zuschüssen erhalten die Pflicht-Feuerwehren nichts“.

Auf dieses Schreiben hin wurde gleich eine Gemeindeversammlung anberaumt.
Am 14. Januar mittags 2 Uhr kam die Gemeinde zusammen, um die Sache ins Reine zu bringen. Herr Bürgermeister Peter stellte der Gemeinde den Sachverhalt klar und so kam es dann zur Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Ferthofen.

Es wurde sofort gewählt:

  • Ein Vorstand und zugleich Kommandant.
  • Ein Schriftführer und zwei Zugführer.
  • Ein Ordnungsmann.

Als erstes wurde dann dieses Dienstbuch angeschafft, um darin die Übungsabläufe der Wehr, die Inspektionen, evtl. Brandeinsätze, den Bedarf an Löschgeräten, sowie über das Inventar zu informieren.
Am 20. Juli 1894 war dann die erste Inspektion der Feuerwehr. 16 Mann nahmen daran teil. Die Wehr hat die Probe, die in Volkratshofen abgehalten wurde, nach Zeugnis des Herrn Bezirksvertreters Max Hebel Ottobeuren, recht gut bestanden. Im Herbst 1896 wurde von der Gemeinde ein neues Requisitenhaus angeschafft, um den Preis von 360 Mark. 100 Mark hat die Wehr vom Kreisfeuerwehrverband erhalten. Am 26. Oktober wurde mit den Geräten umgezogen, der Tag wurde mit „freudiger Begeisterung der Feuerwehrmänner“ verbracht, so steht es geschrieben.

Am 9. Mai 1897 war dann die zweite Inspektion der Feuerwehr Ferthofen. 13 Mann waren dazu erschienen, 3 waren krank. Regierungsrat von Schölhorn lobte den guten Ausbildungsstand der Wehr. Zu einer gut ausgebildeten Wehr gehört auch die entsprechende Ausrüstung. Dazu wurde die Wehr vom Kreisfeuerwehrverband Augsburg großartig gefördert. Als Geschenk erhielt die Feuerwehr für die Chargen (das sind die aktiven Feuerwehrmänner) Helme mit Rosshaarbusch, Messinghelme für die Steiger, einen Steigerwagen, eine Anstellleiter, Gurte, Seile für Schlauchhalter, Hanfschläuche und notwendige Kleingeräte.

Mit welchem Löschgerät die Wehr bis 1911 ausgestattet war, ist aus den Aufzeichnungen nicht ersichtlich.

Dienstbuch der FF Ferthofen

Bei der Inspektion im Jahre 1909 bemerkte der Bezirksvertreter Hebel „Ebenso wünschenswert ist eine kräftige Unterstützung zum Ankauf einer Löschmaschine“.  Zwei Jahre später 1911 wurde dann eine vierräderige Saug- und Druckspritze im Wert von 1350 Mark angeschafft. Dies bedeutete natürlich für die Gemeinde eine großartige Verbesserung für die Ausrüstung der Feuerwehr. Für die kleine Gemeinde Ferthofen mit den Aussengehöften (etwa 25 Anwesen) und Schloss Illerfeld, eine riesige finanzielle Leistung.

In den darauf folgenden Jahren ist bezüglich der Handdruckspritze nichts mehr niedergeschrieben.

Erst nach dem Krieg gibt es einen Eintrag:

Als die Schrecken des Krieges etwas überwunden waren, fand die Wahl des Kommandanten statt. Noch im Jahre 1945 bekam die Wehr von Herrn Kreisbrandinspektor Niggl eine Motorspritze TS 8 zugewiesen. Sie gehörte im 3. Reich der Hitlerjugend und wurde als amerikanisches Beutegut behandelt. Die Handdruckspritze wurde nach 34 Jahren außer Dienst gestellt.

Aus Platzgründen wurde die Spritze von 1911 in einen Bauernhof in Ferthofen ausgelagert, bis sie unter Umständen die nicht bekannt sind, bei der Firma Raschel im damaligen Betriebsgebäude Kaisergraben 43 eingestellt wurde. Ab da war sie im Eigentum der Firma Raschel. Fritz Raschel und Walter Kutter von der Baumschule waren gute Freunde und beide beim ADAC in Memmingen als Organisationsteam. In den Jahren 1965 bis 1971 machte die Firma Kutter eine jährliche Rosenausstellung. Einer der beiden Freunde kam auf die Idee die Handdruckspritze als Attraktion in die Ausstellungen einzubinden. Die mit Rosen geschmückte Handdruckspritze diente ab jetzt als besonderer Blickfang bei den jährlich statt findenden Rosenausstellungen. Im Jahre 1972 als die Firma Raschel vom Kaisergraben 43 in die Bodenseestrasse umzog, wurde die Handdruckspritze nicht mit umgezogen. Was die Schlussfolgerung zulässt, dass die Spritze seit 1965 in den Händen der Baumschule Kutter war. Seit dieser Zeit stand die Spritze in einem Stadel im Mitteresch und fiel „Gott sei Dank“ nicht der Verschrottung zum Opfer.

Alexander Kutter, jun. Chef und Mitglied in unserem Verein, sprach 2019 mit seinem Vater und meinte, dass diese Handdruckspritze in unserem Verein doch in guten Händen wäre. Wir von der IG alter Memminger Feuerwehr Fahrzeuge waren begeistert von der Überlassung dieser Spritze.

Wir mussten aber auch der Familie Kutter ein Versprechen geben:
„Diese Handdruckspritze darf nie das Stadtgebiet von Memmingen verlassen“.

Mit großer Begeisterung machte sich unser Schrauberteam im 2. Quartal 2021 mit dem Leitspruch
„Spritzen soll das Wasser wieder“ an die Restauration der Spritze. (wir berichteten)

Seither sind einige Monate vergangen, aber im Juli 2022 ist es geschafft.
Nach 111 Jahren und 1200 Arbeitsstunden erstrahlt die Saug- und Druckspritze im neuen Glanz.
Auch die Prüfung der Funktionsfähigkeit der Pumpe verlief zu unserer Freude sehr gut. (wir berichteten)

Fertige Handdruckspritze