Magirus Notstands-Lkw
Klassifizierung: Gerätewagen
Indienststellung: | 1958 |
Im Dienst bis: | 1968 |
Kennzeichen: | MM-337 |
Interner Name: | „Methusalem“ |
Funkrufname: | ohne |
Technische Daten: Hersteller
Fahrgestell: | Magirus Feuerwehrfahrgestell |
Fahrzeugtyp: | S 3500, Nutzlastklasse 3,5 to |
Motor: | F 4L 513. 4-Zylinder-Reihenmotor |
Luftgekühlt | |
Motorenhersteller: | Klöckler-Deutz-Motorwerke Köln |
Motorleistung: | 85 PS |
Hubraum: | 4942 ccm |
Getriebe: | ZF 5-Gang-Getriebe |
Brennstoffverbrauch: | ca. 16 l Diesel auf 100 km |
Kraftstoffvorrat: | 70 Liter |
Geschwindigkeit: | max. 80 km/h |
Bremsen: | Öldruck-Vierrad-Innenbackenbremsen |
Besatzung: | 1/2 |
Vorwort:
Wir wollen heute den Notstands-Lkw der Memminger Feuerwehr mit dem Namen Methusalem vorstellen. Er versah seinen Dienst in den Jahren von 1958 bis 1968. Leider sind von diesem Fahrzeug nur sehr wenige Aufzeichnungen und Bilder vorhanden. Einen Großteil der Informationen sind aus der Brandwacht zwischen 1955 und 1959 entnommen.
Mitte der 50er Jahre begannen die Feuerwehren in Bayern mit dem technischen Hilfsdienst. Es war der Beginn der technischen Hilfeleistung durch die Feuerwehr. Heute hat die technische Hilfeleistung den höchsten Anteil der Einsätze bei den Feuerwehren in Deutschland.
Die heftigen Stürme über Europa in den Tagen unmittelbar vor Weihnachten 1954 haben auch in Bayern schwere Schäden angerichtet.
Diese Ereignisse gaben der Bevölkerung einen deutlichen Hinweis:
Feuer ist nur eine der Naturgewalten, mit denen sich unsere Feuerwehren auseinanderzusetzen haben. Sie müssen in gleicher Weise gerüstet sein zum Kampf gegen Wasser und Sturmgefahren. Sie müssen ferner auch in der Lage sein, den vielen sonstigen Notständen Helfer ihrer Nächsten zu sein. Die Verkehrsunfälle werden darunter einen besonderen Platz einnehmen, auch das hat das Jahr 1954 deutlicher als bisher demonstriert (Brandwacht Februar 1955).
So wurden sich im Bayerischen Landesamt für Feuerschutz folgende Fragen gestellt:
- Wie gestalten sich diese Einsätze?
- Welche Hilfsmittel und Gerätschaften werden bei dieser Art der Hilfeleistung benötigt und haben sich in der Vergangenheit bewährt?
- Welche Strukturen werden für die Zukunft benötigt?
Vielfach handelte es sich bei den Hilfeleistungen um eine größere Zahl an Arbeiten, die von kleinen Trupps in der Stärke von 3 bis 4 Mann erledigt werden konnten. Die vorhandenen Fahrzeuge und Geräte der Feuerwehr reichen für diese gleichzeitig erforderlichen Einsätze hierzu in der Regel nicht aus.
So wurde in einer gemeinsamen Besprechung mit den Sprechern der Feuerwehren Bayerns die Aufstellung von Notstandseinheiten der Feuerwehren für den technischen Hilfsdienst und Katastropheneinsatz angeregt.
Der „Regensburger Entwurf“ empfahl die Aufstellung von 58 Notstandseinheiten, verteilt auf die Regierungsbezirke Bayerns. Für Schwaben waren 9 Einheiten vorgesehen. Neben Augsburg, Kaufbeuren und Kempten unter anderem auch die Stadt Memmingen. Die angestrebte äußerste Hilfsfrist betrug eine Stunde, bei einem Einsatzradius von 30 Kilometern.
Am 19. August 1955 wurde in Memmingen die Aufstellung einer Notstandseinheit mit 30 Mann durch den Verwaltungsrat der Memminger Feuerwehr beschlossen.
Die Ausrüstung bei der Gründung der Notstandseinheit in Memmingen war sehr bescheiden. An Geräten waren nur Schaufeln, Sägen und einige Werkzeuge, sowie ein 3 kVA Stromaggregat des Beleuchtungstrupps vorhanden.
Bereits bei der Jahreshauptversammlung im Oktober 1957 konnte der damalige Kommandant Georg Allgöwer über den Ankauf eines Lastkraftwagens für die Notstandseinheit berichten. Das Fahrzeug wurde aus Vereinsmitteln beschafft.
Der Lkw sollte den Kopf der Notstandseinheit Memmingen bilden, die dann für Notstände innerhalb eines Kreises von 30 Kilometern zum Einsatz kommen sollte. Ergänzt wurde die Einheit durch die Feuerwehren aus Mindelheim, Ottobeuren, Illereichen und Vöhringen.
Ferner führte der Kommandant aus:
Diese Einheit besteht zwar, ist aber noch in der Ausbildung und es gibt auf diesem Gebiet noch viel zu schaffen bis sie voll einsatzbereit ist. Als Leiter des Zuges wurde Georg Stephan bestimmt.
Am 16. Januar 1958 berichtete die Memminger Zeitung mit der Überschrift: „Memmingen erhält Notstandseinheit“.
Anforderungen an die Notstandseinheiten
Die weit verzweigte Organisation, die stete Bereitschaft, die bis in das letzte Dorf des Landes reicht und die technische Grundeinstellung der Feuerwehr bilden die Voraussetzung für eine wirkungsvolle Hilfe in aller Not.
Ein öffentliches Interesse besteht grundsätzlich an folgenden Hilfeleistungen:
- an der Menschenrettung
- an der Befreiung von Tieren aus einer Notlage
- an der Abstellung einer Gefahr für Mensch und Tier
- an der Abwendung einer Gefahr für Hab und Gut der Menschen, sofern diese durch Naturereignisse hervorgerufen ist
- an der Behebung von Verkehrshindernissen auf öffentlichen Wegen
Eine wesentliche Voraussetzung für die berechtigte Inanspruchnahme der Feuerwehr ist dabei immer, dass der Notstand nicht durch Selbsthilfe, wozu auch die gewerbliche Hilfe zählt, behoben werden kann.
Dies ist im Allgemeinen der Fall:
Wenn Gefahr im Verzuge liegt, also ein schnelles Eingreifen erforderlich ist, wenn technische Einrichtungen und Fachkenntnisse benötigt werden, die nur die Feuerwehr in der erforderlichen Zeit zu stellen vermag.
Einsatzmöglichkeiten und Fähigkeiten der Notstandseinheiten
Die Anforderungen, die an die Notstandseinheiten gestellt wurden, haben sich bis heute nicht wesentlich verändert, sieht man von der Hilfeleistung bei „gefährlichen Gütern“ ab. Nur die Geräteausstattung wurde in den darauf folgenden Jahrzehnten wesentlich verbessert, die oft einen wesentlichen Zeitvorteil bei der Menschenrettung mit sich bringt.
Die Einsatzmöglichkeiten und Anforderungen bestanden aus:
- Ziehen – mit Mannschaftszug, Fahrzeugzug, Flaschen- und Kettenzug, Seilwinden
- Heben – mit mechanischen und hydraulischen Winden, Dreibaum
- Trennen – Hand- und Motorsägen, autogenen Schneidbrennern, Winkelschleifern (Flex), Meißel und Hämmern, Schlag- und Bohrwerkzeuge
- Stützen – Bohlen, Riegel, Baustützen, Kanthölzer
- Steigen – Tragbare Leitern, Strickleitern, Drehleitern
- Eindringen – Brech- und Grabwerkzeuge, Wassernotgeräte, Atemschutzgeräte
- Beleuchten – Handlampen, Fackeln, Scheinwerfer mit Stromerzeugern
Besonders gefragt waren bei dieser Einheit Männer mit handwerklichem Geschick und Improvisations-Talent.
Deshalb stellten Handwerker den Kern dieser Einheit.
Ausstattung der Notstandseinheiten
Jetzt stellte sich die Frage, wie die Ausrüstung der Feuerwehren für diese Aufgaben zweckmäßig gelöst werden konnte. Der nur in einzelnen Sonderanfertigungen von wenigen Großstädten begehrte Rüstkraftwagen (oft auch mit Kraneinrichtung) scheidet aus, weil er zu kostspielig wäre und der technische Aufwand, die für die Freiwilligen Feuerwehren gesteckte Ziele meist auch überschreiten würde.
Wenn aber der Rüstkraftwagen ausscheidet, so bräuchten die Feuerwehren doch nicht auf eine Sonderausrüstung für den Hilfsdienst zu verzichten. Im Bayerischen Landesamt für Feuerschutz wurde ein Vorschlag erarbeitet, ausgehend von dem Grundsatz, dass als Fahrzeug für das Gerät ein handelsüblicher, mittelschwerer Lastkraftwagen oder auch nur ein gleichartiger Anhänger dienen sollte.
Der Grundsatz geht sogar so weit, dass dieses Fahrzeug nicht unbedingt für diesen Zweck vorhanden sein muss, sondern dass im Bedarfsfalle auch auf ein solches Fahrzeug aus der Wirtschaft oder dem gemeindlichen Fuhrpark zurückgegriffen werden kann.
Ob nun ein eigenes Fahrzeug zur Verfügung steht oder auf einen Leihwagen zurückgegriffen wird, wenn das zur Hilfeleistung notwendige Gerät in gut bemessenen „Koffern“ verstaut ist, lässt sich ein „Hilfs-Rüstkraftwagen“ auf einem handelsüblichen Fahrzeug unschwer aufbauen.
Natürlich müssen die Koffer (Gerätebehälter) so bemessen sein, dass sie den Laderaum und die Tragfähigkeit eines mittelschweren Lastkraftwagens oder Anhänger gut ausnutzen und sich in den Koffern das für die Hilfeleistung notwendige Gerät gut unterbringen lässt.
Der „parzellierte“ Rüstkraftwagen war geboren.
Nachzulesen ist die ausführliche Beschreibung in der Brandwacht Ausgabe Juni 1956.
Neben der Lösung der Verlastung der Geräte auf einem LKW wurde auch eine Anhängerlösung vorgeschlagen.
Sie sah die Unterbringung der Geräte verteilt auf 6 Rüstanhänger vor. Wie dieser Vorschlag von den bayerischen Feuerwehren angenommen wurde, ist dem Verfasser dieses Berichts nicht bekannt. Sicherlich ist es auf einige wenige Einheiten beschränkt geblieben. Mir persönlich ist nur eine Feuerwehr in der Umgebung bekannt, die diese Rüstanhänger im Einsatz hatten.
Weitere Informationen über die Ausstattung der Rüstanhänger in der Brandwacht Ausgabe Februar 1959.