Die Restaurierung der Handdruckspritze geht voran

Das fertige Fahrgestell der Kutsche

Nachdem, wie letztes Mal berichtet, die Farbtöpfe in der Werkstatt Einzug gehalten haben, treten nun immer mehr der Schraubenschlüssel in Aktion. Nach einer Pause über den Jahreswechsel 2021/2022 hinaus, starten wir wieder mit unseren Arbeiten. Und ja, der Wiederzusammenbau des Fahrgestells unserer Handdruckspritze hat begonnen und schreitet mit großen Schritten voran. Die letzten farblichen Verzierungen sind angebracht. Auch der in der Mitte der zweiachsigen Kutsche befindliche Wasserbehälter hat teilweise ein neues Farbkleid erhalten.

Alle gesäuberten Teile des Pumpwerks

Das aus Kupfer und Messing bestehende Pumpwerk mit dem Windkessel und dessen Messingverbindungen sind gesäubert und aufbereitet. Die an der Seite mitgeführten Saugschläuche sind ebenfalls sauber und poliert. Sie ermöglichten schon vor über einhundert Jahren eine Löschwasserentnahme aus offenem Gewässer.

Die Handdruckspritze aus dem Jahre 1911, wurde hergestellt von der Nürnberger Feuerlöschgeräte- und Maschinenfabrik vorm. Justus Christian Braun AG.

Die Gießerei Justus Christian Braun wurde 1845 in Nürnberg gegründet und spezialisierte sich ab etwa 1860 auf Feuerlöschgeräte. Aus ihr gingen die Nürnberger Feuerlöschgeräte- und Maschinenfabrik vorm. Justus Christian Braun AG (1890–1911) bzw. die Justus Christian Braun-Premier-Werke AG (1911–1919) hervor, die auch im Fahrzeugbau tätig waren. Damit ist Braun einer der Ursprünge der FAUN-Werke, aus denen wiederum die heutigen Unternehmen Tadano FAUN GmbH in Lauf an der Pegnitz und FAUN Umwelttechnik GmbH & Co. KG in Osterholz-Scharmbeck hervorgingen.

Quelle: wikipedia.de

Aber auch in Memmingen gab es Mitte des 17. Jahrhunderts Mitbürger, denen der Brandschutz wichtig wahr. So haben wir in der Festschrift der Freiwilligen Feuerwehr Memmingen zum 50.-jährigen Bestehen 1910, folgende Niederschrift gefunden.

Deckblatt Festschrift 50 Jahre FF MM

Geschichte
der Freiwilligen Feuerwehr
Memmingen.

Nach Chronikaufzeichnungen*) und Protokollauszügen bearbeitet von Bezirksoberlehrer Hugo Maser.

„Gott zur Ehr‘,                   
Dem Nächsten zur Wehr!“

Memmingen geniesst den Ruhm, dass bei dem Aufbau der Feuerspritze ein Sohn der Stadt zum ersten Male die Verwendung des Windkessels nutzbringend verwertete und auf diese Weise die Anwendung der sogenannten Stossspritzen für immer beseitigte.
Christoph Werner, Apotheker dahier, war es, der vermutlich die erste Feuerspritze mit zusammenhängendem Strahl erfand und dieselbe 1669 an die Reichsstadt Ulm verkaufte. Am 5. April 1669 wurde von einem Vertreter des Ulmer Magistrats in unserer Stadt mit dem Erfinder folgender Spritzenlieferungsvertrag abgeschlossen:

Abhandlungs-Recess

zwischen Wohllöbl. Statt Ulm Abgeordneter Martin Buchmüller, Werkhmeister, und Georg Christoff Werner, des Gerichts in Memmingen.

Zu wissen demnach die Wol Edelgebern Gestrenge fürsichtig und Hochweise Herren Eltern und Geheime des Raths wollöbl. Dess Heyl. Reiches freien Statt Ulm, dero Angehörigen Martin Buchmüller, Statth-werkmeistern Anhero Abgeordnet, sich derentwegen mit mir, einer gefertigten Wasserkunst halber zu versehen; das ich Georg Christoff Werner, des Gerichts allhier, mit gedachtem Martin Buchmüllern, da hin verstanden, dass Wollöbl. Herren Eltern und geheime der Stadt Ulm ich ein beständiges Werk einer Wasserspritzen oder Wasserkunst (nach weiss und roth in allen stuckhen, wie mit allein das gedruckhte Exemplar zu erkhennen gibt sondern auch jüngsthin in Augenschein befunden worden)  (jedoch mit einem Kupfern Trog) in Vier oder längst fünff Monaten lüffern solle, in dem verglichenen Werth umb Aintausend Guldin, solchergestalt, das jezogleich an paarem gelt Vierhundert guldin und ein Centner gueten Metall, Memminger Gewichts, den Centner p. 25 fl. angeschlagen, der Rest aber bei der Lüfferung der Machinae, alles gegen Quittung erstattet werden solle mit folgenden Conditionibus, das wohlbesagte Herren Eltern und Geheimben wohllöbl.
Statt Ulm, ich das werkh mit aller geheimbnus werde gezeigt und denen Hh. Deputierten eröffnet, und alle Instruction werde gegeben haben, wie nit allein das Werkh zu gubernieren sondern auch ohne Schaden und (nachtheil) menget zu conservieren sein, das Sie das geheimbnus für sich und die ihrigen verschwiegen  halten, weder Königen, Fürsten, Herren, Stätten oder Gotteshäusern, sowohl Inn- als ausserhalb Reichs, offenbaren und communicieren,    verkauffen, verschenkhen, auch in etlichen jahren nit nachzumachen, sondern solches werkh allein zu ihrer gemeiner Statt nuzen gebrauchen wollen, wie dann Innsgemein Ihr wohllöbl. Statt Ulm mir das gnädige Versprechen gethan, mit dieser Machina also zu verfahren, das mir und meinem Sohne weder schaden noch nachtheil daraus erwachsen solle. Dagegen habe ich Georg Christoff Werner weiter zugesagt, wo fehl oder mangel an der Machina erscheinen sollte, welcher ohne Verwahrlosung entstuende, das ich solchen auf meinen kosten corrigieren, was aber durch verwahrlosung oder gewalt daran zu schaden gienge, ich und nach meinem Todt mein Sohn gegen gepürende bezahlung verbessern sollen und wollen, alles bey Trewe, ehren und glauben, mit fernerem versprechen und zusagen, dass solcher Recess von mir und den meinigen in geheimb gehalten, und zu nachtheil oder verkleinerung der Statt Ulm niemand communicirt werden solle, getreuliehen ohne gefehrde.

Und dessen zu näherer Urkund haben beede theil diesen Recess mit ihren eigenen Handen und vorgedruckhten Pettschaften confirmirt und jedem theil einen zu Handen gestellt. So geschehen zu Memmingen den fünfften April Anno Sechzehnhundert Neun und Sechzig.

Im Nahmen ihro Gdt., Fr. und Wlh., deren wohlverordneten Herrn Oberrichtern und Stättrechnern Test. Martin Buchmüller, Stattwerckhmeister in Ulm (1. Sig.) Georg Christoff Werner, Apotheker in Memmingen. (1. Sig.)

Aus dem Vertrage geht ohne Zweifel hervor, dass es sich um eine neue Erfindung handelt, was übrigens auch aus der Überschrift zu der Beschreibung der Spritze ersichtlich ist.

Diese lautet:

Vereinigung
dess
Leichten mit dem Schweren
und
Vice Versa.
Vorgestellt
In  Form einer Neuerfundenen

Wasser

{

Spritzen
Kunst
Gumperks

von
Georg Christoff Wernern, Apotheker
und Burger in des Heil. Römischen Reichs Statt
Memmingen Anno 1669

igmm-hexenturm
Aufnahme einer "alten Spritze" vor dem Hexenturm in Memmingen

Werner, der übrigens nach Ulm noch eine 2. und 3. Spritze lieferte, ist somit als Erfinder des Windkessels anzusehen. („Schwäb. Erzähler“ 1902, Nr. 6.)
Dass übrigens Memmingen auch in späteren Jahren einen gewissen Ruf als Ort, da taugliche Feuerspritzen gefertigt wurden, genoss, geht aus einer Mitteilung der Stadt Feldkirch vom 26. September 1682 hervor, in welcher es heißt, „dass sie ihren Stadtwerkmeister nach Memmingen schicken wolle, um die von dem Memminger Glockengießer Joh. Bapt. Ernst hergestellten Feuerspritzen zu besichtigen“
(Clauss-Döderlein S. 44).

Das Bestreben, die alte Stosspritze zu verbessern, lässt erkennen, dass Löschgerätschaften auch in hiesiger Stadt keine unnötigen Einrichtungen waren. Jedenfalls war das Jahr 1129, in welchem der Staufer Friedrich II., Herzog von Schwaben, im Rachekrieg gegen Kaiser Lothar und Herzog Heinrich den Stolzen Memmingen niedergebrannt hatte, nicht ganz unvergessen geblieben und die Feuersnöte in Kriegszeiten, wie in den Belagerungsjahren 1633, 1634,und 1647, mögen die Bürger stets daran erinnert haben für geeignete Löschmaschinen Sorge zu tragen.

*) Die das Memminger Feuerlöschwesen früherer Zeiten betreffenden einleitenden Ausführungen machen auf Vollständigkeit keinen Anspruch. Für die schätzenswerten Winke, welche mir von Herrn Gymnasialprofessor
Dr. Miedel zuteilwurden, sei dem Genannten auch an dieser Stelle Dank gesagt.
H. M.