Die endlose Geschichte oder wie alles begann ...

„… Die Feuerwehr Memmingen wurde am Sonntag, den 16. August 1940 gegen 09:00 Uhr durch Betätigung eines Straßenfeuermelders in der Augsburger Straße alarmiert. Schon nach knapp 4 Minuten traf die kurze Zeit zuvor neu beschaffte Kraftfahrspritze am Melder ein. Die Besatzung des Fahrzeugs erwies sich aber als ungenügend, denn neben 2 Polizeibeamten waren nur 2 Wehrmänner ausgerückt. Diese forderten fernmündlich Verstärkung an und versuchten der Aufgabe gerecht zu werden, einen Dachstuhlbrand über einem Restaurant zu löschen. Verstärkung traf in nennenswertem Umfang nicht ein.

So steht es unter anderem in einem Bericht, den der Abschnittsinspekteur der Freiwilligen Feuerwehr für das Land Bayern verfasste. Dieser Bericht ging an den Landrat und den Bürgermeister der Stadt Memmingen. Neben Folgerungen und Verbesserungsvorschlägen befand sich in dem Schriftstück folgender Satz:

„… zu empfehlen ist die Beschaffung eines weiteren Kraftfahrzeuges, vielleicht einer 17 Meter Kraftfahrdrehleiter.“

Schon am 20. August 1940 meldete sich die Firma Magirus in einem Schreiben an den Kommandanten der Feuerwehr, Oberinspektor Niggl: „Anlässlich einer Besprechung mit Herrn Oberbaurat Dr.Kuchtner hörten wir, dass sie die Absicht haben, eine im Jahre 1938 von uns bezogene zweirädrige Ganzstahlleiter mit 16 Meter Steighöhe durch eine Kraftfahrdrehleiter zu ersetzen.“ Aus den Veröffentlichungen des RMdI werden Sie sicherlich entnommen haben, dass inzwischen die Typisierung der Feuerwehrfahrzeuge in die Wege geleitet wurde. In Kürze werden die Bauvorschriften für die, für sie infrage kommende leichte Drehleiter -LDL- im Druck erscheinen.

Prospekt Magirus DL 17

Um Ihnen einen ungefähren Anhalt zu geben, wie diese Leiter aussehen wird, legen wir ihnen eine Druckschrift bei.

Die Leiter hat eine Steighöhe von 17,5 Meter und ist für die Handbetätigung ausgelegt. Das Führerhaus bietet Platz für den Fahrer und den Führer. Auf der anschließenden Plattform kann eine Krankentrage gelagert werden. Es ist auch ein Notsitz für einen Krankenwärter vorgesehen. Die feuerwehrtechnische Ausrüstung der LDL ist in den Bauschriften genau festgelegt und entspricht den heutigen Forderungen die an den Einsatz dieses Fahrzeuges zu stellen sind. Aufgebaut wird die Leiter auf 1,5 Tonnen Fahrgestell.

Anfang Oktober 1940 berichtete der Bürgermeister der Stadt Memmingen dem Landrat über die ergriffenen Maßnahmen. Von den 12 Männern der Weckerlinie stehen derzeit wegen Einberufung zum Heeresdienst nur noch 2 Mann zur Verfügung. Um die Ausrückbereitschaft der Memminger Feuerwehr zu erhöhen, wird künftig bei einem Alarm auch die zweite Schleife angeläutet. Ferner wird die Polizei telefonisch 4 weitere Feuerwehrleute herbeirufen.

Für die Anhänge-Stahlleiter, die erst im Jahre 1938 unter dem Beifall der vorgesetzten Dienststellen angeschafft wurde, wird ein Käufer gesucht. Sollte der Verkauf gelingen, dann käme der Ankauf einer vollautomatisierten Drehleiter mit einer Steighöhe von 22 – 24 Meter in Betracht. Hierzu wird aber noch geraume Zeit verstreichen.

Ende Mai 1941 war ein Käufer für die 16 Meter Stahlleiter gefunden und die Stadt fragte bei der Firma Magirus an, innerhalb welcher Zeit eine DL 17 geliefert werden kann und mit welchen Kosten gerechnet werden muss. Ferner wo sich eine derartige Leiter befindet, damit vor der endgültigen Bestellung sie noch in allen Einzelheiten durchgesehen werden kann.

Anfang Juni 1941 antwortete die Firma Magirus auf das Memminger Schreiben und bezifferte die Kosten für eine leichte Drehleiter auf Mercedes-Benz 1,5 to Fahrgestell auf 12.000 Mark. Die Lieferung erfolgt im Rahmen des durch den Generalbevollmächtigten für das Kraftfahrzeugwesen freigegebenen Kontingents und nach Feststellung der Dringlichkeit durch den Reichsführer im Reichsministerium des Inneren.

Am Freitag, dem 27. Juni 1941 waren die beiden Bürgermeister und von der Feuerwehr Wehrführer Rommel, Allgöwer und Eckle bei den Magirus Werken in Ulm. Es wurde die leichte Drehleiter vorgeführt. Hierbei ergaben sich noch verschiedene Wünsche:
Es sollte vor allem die Leiter selbst motorisiert sein und nicht nur einen Handbetrieb enthalten. Auch könnte man später darüber klagen, dass man nicht sofort die größere 22 Meter Leiter als leistungsfähigere genommen hat, auch wenn die über 30.000 Reichsmark kostet.

Die Herren Mayer und Knab von Magirus Ulm wiesen darauf hin, dass nun Sonderbevollmächtigter für Feuerlöschgeräte General Milch vom Reichsluftfahrtministerium (RLM) sei. Feuerspritzen seien in die Dringlichkeitsstufe “S“ (sofort) eingestuft worden. Die Stufe „S“ erhält das benötigte Material sofort geliefert. Ob die Leitern auch dorthin kommen, ist noch sehr fraglich. Außerdem seien für dieses Jahr überhaupt keine Kapazitäten mehr vorhanden. Aufträge über 50 Leitern liegen derzeit bei den Magirus Werken vor.

Es wäre auch ein Gutachten des Landesfeuerwehrverbandes notwendig, um zu klären, welche Leiter für Memmingen am besten angezeigt ist. Abschnittsinspekteur (Vorgesetzter aller freiwilligen Feuerwehren in Bayern) Dr. Kuchtner könnte der Stadt im Rahmen einer Besichtigungsreise angeben, ob die 17 Meter oder die 22 Meter Drehleiter mit dem ungleich stärkeren Motor angezeigt ist. Die Stadt möge sich möglichst bald diese Erklärung holen, damit die Bestellung Platz greifen kann. Am 14. Mai 1941 kam aus München ein Schreiben, in dem die Anschaffung der 17 Meter Leiter empfohlen wird, da wahrscheinlich die Lieferschwierigkeiten bei der 22 Meter Leiter wesentlich größer seien.

Die DL 17 wird bestellt!

Die Stadt Memmingen bestellte darauf hin am 22. Juli 1941 bei der Firma Magirus eine leichte Drehleiter mit 17 Meter Steighöhe zum Preis von 11.735,70 Reichsmark. Der Staatszuschuss betrug 30 %.

Am Freitag, dem 12. Juni 1942 teilte ein Vertreter der Firma Magirus dem Memminger Magistrat mit, dass die Herstellung derartiger Drehleitern bis auf Weiteres untersagt und somit für unabsehbare Zeit die Lieferung unmöglich sei. Deswegen biete er ein schweres Löschgruppenfahrzeug an.
Der Bürgermeister ergriff diese einmalige Gelegenheit und bestellte am selben Tag das angebotene Fahrzeug mit dem Hinweis:

Meine Bestellung vom 22. Juli 1941 der leichten Drehleiter bleibt unbeschadet der neuerlichen Bestellung des schweren Löschgruppenfahrzeuges. Auf diesen Punkt mache ich zur Vermeidung von Missverständnissen besonders aufmerksam.

Ende März 1945 war man in Memmingen zu der Einsicht gekommen, dass eine 17 m Leiter für Memmingen nicht ausreichend sei. Da sich hier in der Altstadt eine größere Anzahl geschichtlich wertvoller Gebäude wie zum Beispiel die Martinskirche, Frauenkirche, Kreuzherrnkirche, das Hauptzollamt und der Fuggerbau sowie viele Privatbauten befinden, deren Traufhöhe mit einer 17 Meter hohen Leiter nicht erreicht werden kann. Außerdem hat sich bei den Einsätzen der Feuerwehr-Bereitschaft in München und Augsburg gezeigt, dass eine Drehleiter von ausreichender Steighöhe zur Brandbekämpfung dringend erforderlich sei. Es wird daher gebeten, die Ausrüstung der Freiwilligen Feuerwehr Memmingen mit einer Kraftfahrdrehleiter mit 22 Meter und vollautomatischer Bedienung zu bewilligen und der Erhöhung des Staatszuschusses zuzustimmen.

Die Stadt Memmingen hatte bereits Ende des Jahres 1945 bei der Firma Magirus ihre Drehleiter Bestellung erneuert, deren Preis sich nun auf etwa 20.000 Reichsmark erhöht hatte. Nach Angabe des Kommandos der Freiwilligen Feuerwehr Memmingen wurde mit der Firma Magirus wiederholt Kontakt aufgenommen, um einen definitiven Liefertermin der bestellten Leiter zu erhalten. Leider immer ohne Erfolg.
In Erwartung der kommenden Währungsreform stellte die Stadt Anfang des Jahres 1948 die Anfrage, ob nach dieser langen Bestellzeit nunmehr in Bälde und bis zu welchem äußersten Liefertermin mit der Lieferung der Leiter zu rechnen sei. Die zugesagte Auslieferung gegen Ende 1947 war durch die Firma Magirus wieder nicht erfolgt. Auch hatte die Stadt Sorge, dass nach der Umstellung keine Mittel mehr für solche Neuanschaffungen zur Verfügung stehen. Ferner stellte sie die Frage, ob die Firma Magirus kein Interesse mehr hat, die Stadt Memmingen als Kunden zu behalten.

Ende Januar 1948 beantwortete die Firma Magirus die Anfrage der Stadt Memmingen wie folgt:
„… auch heute fehlen uns hierfür noch wichtige Materialien, weshalb wir im Augenblick bedauerlicherweise nicht sagen können, wann wir in der Lage sein werden, mit dem Bau ihrer Kraftfahrdrehleiter zu beginnen. Wir hoffen jedoch, dass es mit unseren Bemühungen gelingen wird, die anstehenden Schwierigkeiten in absehbarer Zeit zu beheben. Die erste Serie dieser Fahrzeuge soll noch im Laufe dieses Jahres zur Auslieferung kommen“.

Aufgrund eines Beschlusses im Stadtrat wurde am
4. Februar 1948 der Kaufvertrag mit der Firma Magirus annulliert.

Magirus Prospekt DL 17
Quelle: alle Aufnahmen aus einem Magirus Prospekt

Im Oktober 1948 erwarb die Stadt Memmingen eine gebrauchte Magirus Drehleiter auf einem MAN Fahrgestell mit einer Leiterlänge von 24 Metern von der Berufsfeuerwehr Augsburg.